Was ist eine nicht-alkoholische Fettleber?
Die nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD von engl. non-alcoholic liver disease, Steatosis hepatis) ist eine der häufigsten Lebererkrankungen mit weltweit zunehmender Prävalenz. Es handelt sich hierbei um ein Spektrum von Erkrankungen der Leber, die ohne andere bekannte Ursachen wie z.B. dem übermäßigen
Konsum von Alkohol bei der alkoholischen Fettleber auftreten (2).
Man spricht von einer
Fettleber, wenn mehr als 5% des Lebergewichts aus Fett besteht. Entwickeln die Patient:innen entzündliche Reaktionen, kann die nicht-alkoholische Fettlebererkrankung in eine schwerere Form der Erkrankung, die nicht-alkoholische Steatohepatitis (NASH), eine
Fibrose und schließliche in eine
Leberzirrhose übergehen. Während Entzündungen für das Fortschreiten der Erkrankung von wesentlicher Bedeutung sind, ist die
Leberfibrose der stärkste Prädiktor für die Mortalität von betroffen Patient:innen (4).
Die
Fettleber gehört zu den häufigsten Ursachen für
hepatozelluläre Karzinome (HCC) und Lebertransplantationen (5). Sie wird zuzdem mit verschiedenen Erkrankungen außerhalb der Leber, wie
Herz-Kreislauf-Erkrankungen, in Verbindung gebracht (6). Die
Fettleber steht auch in Zusammenhang mit Fettleibigkeit und
Typ-2-Diabetes (1). Bis zu 70% der Menschen mit Übergewicht und mehr als 90% der krankhaft fettleibigen Menschen sind betroffen. Der stärkste Prädiktor für die Sterblichkeit von Patient:innen ist die Leberfibrose. Die Prävalenz der nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung nimmt auch bei Kindern und Jugendlichen zu (7).
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MAFLD oder NAFLD – neuer Name, altbekanntes Problem
Die mit Stoffwechselstörungen einhergehende
Fettleber ist weit verbreitet und betrifft ein Viertel der Bevölkerung. Derzeit gibt es keine zugelassene medikamentöse Therapie.
Viele Expert:innen sind sich einig, dass der Begriff NAFLD nicht dem aktuellen Wissensstand entspricht und schlugen den Begriff
„metabolisch-assoziierte Fettlebererkrankung"“ (MAFLD von engl. metabolic dysfunction associated fatty liver disease) als geeigneteren Oberbegriff vor. Das Gremium betont, dass diese neue Terminologie die Ursachen der Erkrankung besser widerspiegelt (3). Mit der Bezeichnung MAFLD wird das Kriterium des fehlenden
übermäßigen Alkoholkonsum aus der Definition gestrichen.
Die vorgeschlagene neue Klassifizierung der MAFLD legt den Fokus auf die starke Assoziation mit dem metabolischen Syndrom, Adipositas und Typ-2-Diabetes. Zukünftig wird sich zeigen, ob diese neue Klassifizierung und Umbenennung für die klinische Praxis vorteilhaft ist.
Nicht-alkoholische Fettleber: Ursachen
Faktoren, die das Risiko einer Fettleber erhöhen:
- hochkalorische Ernährung
- Mangel an körperlicher Betätigung
- Typ-2-Diabetes
- Insulinresistenz
- metabolisches Syndrom
- bestimmte Medikamente
Der hohe Anteil von Fett in der Leber und die Entwicklung von NAFLD sind bei betroffenen Patient:innen auf ein Ungleichgewicht zwischen der Zufuhr von Fettsäuren (aus der Ernährung, der De-novo-Lipogenese und der Lipolyse im Fettgewebe), der Lipidsynthese und -oxidation und dem Export von Triglyceriden aus der Leber zurückzuführen. Ein anhaltender Zustrom von Fettsäuren führt jedoch zu Lipotoxizität, Leberschäden und Steatohepatitis (2).
Im Gegensatz zur alkoholischen Fettleber, ist die NAFLD nicht auf einen
übermäßigen Alkoholkonsum zurück zu führen.
Nicht-alkoholische Fettleber: Pathogenese – Der Beitrag der verschiedenen Zellen in der Leber
Die Leber spielt eine einzigartige Rolle im Lipidstoffwechsel, da sie einen Ort für die Aufnahme, Synthese, Oxidation und Verteilung von Fetten (Lipiden) an periphere Gewebe darstellt.
Die verschiedenen Zelltypen der Leber umfassen:
- Parenchymzellen (Hepatozyten ca. 78% der gesamten Zellpopulation der Leber)
- Nicht-parenchymale Zellen:
- sinusoidale Endothelzellen der Leber
- Kupffer-Zellen
- hepatische Sternzellen
- hepatische Immunzellen: natürliche Killer (NK-) Zellen
Hepatozyten sind für die primäre Funktion der Leber, den Fettstoffwechsel zuständig. Kupffer-Zellen sind residente Makrophagen, die eine Schlüsselrolle bei Leberentzündungen spielen. Sie machen 80% bis 90% der Makrophagen im menschlichen Körper aus. Bei einer Leberschädigung werden Kupffer-Zellen aktiviert, um entzündliche Zytokine (darunter TNF-α, IL-1β, IL-6, IL-12, IL-18) und Chemokine freizusetzen, die zur Pathogenese von NAFLD beitragen.
Sternzellen ruhen unter normalen Umständen. Als Reaktion auf Entzündungen und Hepatozytenschäden, die durch Lipotoxizität verursacht werden, werden sie jedoch aktiviert und verwandeln sich in Myofibroblasten-ähnliche Zellen, die vermehrt Kollagen absondern und Fibrose verursachen.
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Nicht-alkoholische Fettleber: Symptome
Eine
Fettleber verursacht normalerweise zunächst keine typischen Symptome. Folgende Fettleber-Symptome können auftreten:
- Müdigkeit
- Schmerzen oder Unwohlsein im rechten Oberbauch
Schreitet die
Fettlebererkrankung zur NASH und fortgeschrittener
Vernarbung (Leberzirrhose) fort, leiden Patient:innen möglicherweise unter folgenden Symptomen:
- Anschwellen des Bauches (Aszites)
- vergrößerte Blutgefäße direkt unter der Hautoberfläche
- vergrößerte Milz
- rote Handflächen
- Gelbfärbung von Haut und Augen (Gelbsucht)
Nicht-alkoholische Fettlber: Diagnose
Da eine
Fettleber bei den meisten Patient:innen keine Symptome verursacht, wird sie häufig erst dann ärztlich festgestellt, wenn aus anderen Gründen durchgeführte Tests auf ein Problem in der Leber hinweisen.
Tests zur Diagnose der nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung:
- Blutuntersuchungen
- Blutbild
- Leberenzym- und Leberfunktionstests
- Tests auf chronische virale Hepatitis (Hepatitis A, Hepatitis C und andere)
- Screening-Test auf Zöliakie
- Nüchtern-Blutzucker
- Hämoglobin A1C, das zeigt, wie stabil die Blutzucker-Werte sind
- Lipidprofil, das die Blutfette, wie Cholesterin und Triglyceride, misst
- Bildgebende Verfahren
- Ultraschalluntersuchung
- Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT)
- vibrationskontrollierte transiente Elastografie (VCTE) der Leber: Form des Ultraschalls, die die Steifigkeit der Leber misst. Die Lebersteifigkeit weist auf Fibrose oder Vernarbung hin.
- Magnetresonanz-Elastografie: MRT-Bildgebung wird mit Schallwellen kombiniert
- Untersuchung des Lebergewebes: Entnahme einer Gewebeprobe aus der Leber (Leberbiopsie): Untersuchung auf Anzeichen von Entzündungen und Narbenbildung
Die frühzeitige Identifikation von Patient:innen mit Risikofaktoren und die Diagnose einer
Fettleber ist aufgrund des Potenzials einer Progression in Richtung Steatohepatitis,
Fibrose und
Leberzirrhose von großer klinischer Bedeutung.
Nicht-alkoholische Fettleber: Therapie
Trotz des epidemischen Ausmaßes gibt es derzeit keine zugelassenen pharmakologischen Behandlungen speziell zur Therapie der NAFLD. Der Grund hierfür könnte sein, dass es sich um eine multifaktorielle Erkrankung handelt, deren pathogenetische Mechanismen nur begrenzt bekannt sind und für die es keine spezifischen nicht-invasiven Biomarker (z.B. Marker, die ohne Leberbiopsie bestimmt werden können) gibt (2, 8, 9).
Eine Änderung des Lebensstils mit einer Ernährungsumstellung und ausreichend Bewegung sind derzeit die empfohlenen Maßnahmen zur Behandlung einer
Fettleber.
Eine Gewichtsreduktion von 5% geht mit einer Verringerung des Leberverfettung und einer Verbesserung der Leberschädigung einher. Eine Gewichtsabnahme von mehr als 7% des Körpergewichts führt zu einer histologischen Verbesserung der Steatohepatitis. Eine Gewichtsabnahme kann bei einigen Patient:innen auch zur Reduktion der
Fibrose in der Leber beitragen.
Durch die Ernährung kann die NAFLD mit oder ohne körperliche Aktivität verbessert werden. Aber auch ohne Gewichtsabnahme senkte regelmäßiges Training die Leberverfettung.
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Wie beugt man einer Leberverfettung vor?
Um das Risiko einer Fettleber zu reduzieren, können folgende Faktoren berücksichtigt werden:
- halten eines normalen BMI (Body-Mass-Index)
- Vermeidung von starkem Übergewicht
- ausgewogene Ernährung
- ausreichend Bewegung
(1) Younossi Z.M., Koenig A.B., Abdelatif D., Fazel Y., Henry L., Wymer M. Global epidemiology of nonalcoholic fatty liver disease-Meta-analytic assessment of prevalence, incidence, and outcomes. Hepatology. 2016;64:73–84. doi: 10.1002/hep.28431
(2) NAFLD: Mechanisms, Treatments, and Biomarkers. Nassir F. Biomolecules. 2022 Jun 13;12(6):824. doi: 10.3390/biom12060824. PMID: 35740949.
(3) Eslam M., Sanyal A.J., George J., Sanyal A., Neuschwander-Tetri B., Tiribelli C., Kleiner D.E., Brunt E., Bugianesi E., Yki-Järvinen H., et al. MAFLD: A Consensus-Driven Proposed Nomenclature for Metabolic Associated Fatty Liver Disease. Gastroenterology. 2020;158:1999–2014. doi: 10.1053/j.gastro.2019.11.312.
(4) Dulai P.S., Singh S., Patel J., Soni M., Prokop L.J., Younossi Z., Sebastiani G., Ekstedt M., Hagstrom H., Nasr P., et al. Increased risk of mortality by fibrosis stage in nonalcoholic fatty liver disease: Systematic review and meta-analysis. Hepatology. 2017;65:1557–1565. doi: 10.1002/hep.29085.
(5) Wong R.J., Aguilar M., Cheung R., Perumpail R.B., Harrison S.A., Younossi Z.M., Ahmed A. Nonalcoholic steatohepatitis is the second leading etiology of liver disease among adults awaiting liver transplantation in the United States. Gastroenterology. 2015;148:547–555. doi: 10.1053/j.gastro.2014.11.039.
(6) Adams L.A., Anstee Q.M., Tilg H., Targher G. Non-alcoholic fatty liver disease and its relationship with cardiovascular disease and other extrahepatic diseases. Gut. 2017;66:1138–1153. doi: 10.1136/gutjnl-2017-313884.
(7) Nobili V., Alisi A., Valenti L., Miele L., Feldstein A.E., Alkhouri N. NAFLD in children: New genes, new diagnostic modalities and new drugs. Nat. Rev. Gastroenterol. Hepatol. 2019;16:517–530. doi: 10.1038/s41575-019-0169-z.
(8) Mantovani A., Dalbeni A. Treatments for NAFLD: State of Art. Int. J. Mol. Sci. 2021;22:2350. doi: 10.3390/ijms22052350.
(9) Hallsworth K., McPherson S., Anstee Q.M., Flynn D., Haigh L., Avery L. Digital Intervention With Lifestyle Coach Support to Target Dietary and Physical Activity Behaviors of Adults With Nonalcoholic Fatty Liver Disease: Systematic Development Process of VITALISE Using Intervention Mapping. J. Med. Internet Res. 2021;23:e20491. doi: 10.2196/20491.