Mittwoch, 14. August 2024
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Rheumatoide Arthritis

von David Meier

Rheumatoide Arthritis
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Die rheumatoide Arthritis ist die häufigste entzündliche Gelenkerkrankung. Unbehandelt führt sie zu einer Versteifung und Zerstörung der betroffenen Gelenke. Moderne Therapieoptionen verlangsamen das Fortschreiten der Erkrankung und können die Lebensqualität der Patient:innen deutlich verbessern.
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Was ist rheumatoide Arthritis?

Rheumatoide Arthritis (RA; auch chronische Polyarthritis) ist eine chronische, entzündliche Autoimmunerkrankung, die vor allem die Gelenke betrifft, aber auch andere Organe befallen kann. Charakteristisch sind symmetrische Gelenkentzündungen, die zu Schmerzen, Schwellungen und Funktionseinschränkungen führen.

Rheumatoide Arthritis betrifft etwa 1% der Erwachsenen

Rheumatoide Arthritis betrifft weltweit 0,8 bis 1,2% der Erwachsenen, wobei Frauen häufiger betroffen sind als Männer (1). Die Krankheit kann in jedem Alter auftreten, jedoch tritt sie meist erstmals im Alter von 50 bis 70 Jahren auf. Es können auch Kinder betroffen sein. Diese Form nennt man juvenile idiopathische Arthritis.

Ätiologie der rheumatoiden Arthritis

Die genauen Ursachen der rheumatoiden Arthritis sind noch nicht vollständig geklärt. Es wird angenommen, dass eine Kombination aus genetischen Faktoren und Umweltfaktoren wie Rauchen und bestimmten Infektionen eine Rolle spielt. Genetische Prädisposition und Umweltfaktoren interagieren, um die Krankheit auszulösen.

Wie entwickelt sich rheumatoide Arthritis?

Die Pathogenese der RA beinhaltet eine fehlgeleitete Immunantwort, bei der das Immunsystem körpereigene Gewebe angreift. Diese Autoimmunreaktion führt zu einer chronischen Entzündung der Gelenkinnenhaut (Synovialis), was zu Gelenkschäden und -zerstörung führt. Zytokine wie Tumornekrosefaktor-alpha (TNF-α) und Interleukine spielen eine zentrale Rolle in diesem Prozess.
 
 

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Klassifikation der rheumatoiden Arthritis

Die Klassifikation der RA erfolgt anhand der Kriterien des American College of Rheumatology (ACR) und der European League Against Rheumatism (EULAR) (2). Diese beinhalten klinische Merkmale, serologische Marker und bildgebende Befunde. Eine frühzeitige und genaue Klassifikation ist entscheidend für die Therapieplanung.

ACR/EULAR-Klassifikationskriterien von 2010

Die 2010 überarbeiteten Klassifikationskriterien basieren auf einem Punktesystem, das 4 verschiedene Domänen umfasst: Gelenkbeteiligung, Serologie, akute Phase und Dauer der Symptome. Die Summe der Punkte aus diesen Kategorien bestimmt, ob eine Person die Klassifikation für RA erfüllt. Eine Summe von mindestens 6 Punkten (von maximal 10) deutet auf eine rheumatoide Arthritis hin.
 
Gelenkbeteiligung (0-5 Punkte)
  • 1 großes Gelenk (z. B. Schulter, Ellbogen, Hüfte, Knie, Sprunggelenk): 0 Punkte
  • 2-10 große Gelenke: 1 Punkt
  • 1-3 kleine Gelenke (einschließlich Hände, Füße): 2 Punkte
  • 4-10 kleine Gelenke: 3 Punkte
  • mehr als 10 Gelenke (einschließlich mindestens 1 kleines Gelenk): 5 Punkte
Serologie (0-3 Punkte)
  • negativer Rheumafaktor (RF) und negativer Anti-CCP-Antikörper: 0 Punkte
  • niedrig positiver RF oder niedrig positiver Anti-CCP-Antikörper: 2 Punkte
  • hoch positiver RF oder hoch positiver Anti-CCP-Antikörper: 3 Punkte
Akute Phase (0-1 Punkt)
  • normales C-reaktives Protein (CRP) und normale Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG): 0 Punkte
  • erhöhtes CRP oder erhöhte BSG: 1 Punkt
Dauer der Symptome (0-1 Punkte)
  • < 6 Wochen: 0 Punkte
  • ≥ 6 Wochen: 1 Punkt
 

Symptome und Stadien der rheumatoiden Arthritis

RA ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung, die in verschiedenen Stadien mit spezifischen Symptomen verläuft (3):

Stadium 1:
  • leichte Symptome wie morgendliche Steifheit und leichte Schwellungen in den kleinen Gelenken (Hände, Handgelenke, Füße)
  • unspezifische Symptome wie Müdigkeit und allgemeines Unwohlsei
Stadium 2:
  • zunehmende Gelenkentzündungen (Synovitiden) mit deutlicheren Schwellungen und Schmerzen
  • Einschränkung der Beweglichkeit in betroffenen Gelenken
Stadium 3:
  • schwere Gelenkschmerzen und ausgeprägte Entzündungen
  • deutliche Deformierungen und Funktionsverluste in betroffenen Gelenken
  • Muskelatrophien
  • Rheumaknoten
Stadium 4:
  • schwere Gelenkschäden und irreparable Deformierungen
  • Verlust der Gelenkfunktion, oft begleitet von Schmerzen auch in Ruhe
  • mögliche Gelenkfusionen und vollständiger Verlust der Gelenkbeweglichkeit
  • starke Beeinträchtigung der Lebensqualität und der Fähigkeit, tägliche Aktivitäten durchzuführen

Wie wird rheumatoide Arthritis diagnostiziert?

Die Diagnose der RA basiert auf einer Kombination aus klinischen Befunden, Laboruntersuchungen und bildgebenden Verfahren. Wichtige diagnostische Kriterien umfassen:
 
  • klinische Untersuchung auf Schwellungen und Druckempfindlichkeit der Gelenke
  • Nachweis des Rheumafaktors (RF) und Antikörpern gegen zyklische citrullinierte Peptide (Anti-CCP)
  • bildgebende Verfahren wie Gelenksonographie, Röntgen, MRT und Skelettszintigrafie zur Beurteilung von Gelenkschäden
 
 

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Behandlungsmöglichkeiten der rheumatoiden Arthritis

Die Therapie der RA zielt darauf ab, die Entzündung zu kontrollieren, Schmerzen zu lindern und die Gelenkfunktion zu erhalten. Zu den Behandlungsoptionen gehören:
 
  • Physiotherapie und Ergotherapie zur Verbesserung der Gelenkfunktion und Beweglichkeit.
  • Chirurgische Eingriffe zur Korrektur von Gelenkdeformitäten und Verbesserung der Funktion in fortgeschrittenen Fällen.
  • Medikamentöse Therapien
    • Glukokortikoide
    • NSAR (Nichtsteroidale Antirheumatika)
    • Krankheitsmodifizierende Antirheumatika (DMARDs)
      • Konventionelle synthetische DMARDs (csDMARDs): Methotrexat, Leflunomid, Sulfasalazin
      • Gezielte synthetische DMARDs (tsDMARDs): Januskinase (JAK)-Inhibitoren: Upadacitinib, Filgotinib
    • biologische DMARDs (Biologika):
      • TNF-Inhibitoren: Adalimumab, Etanercept, Infliximab
      • Tocilizumab
      • Rituximab
      • Abatacept

Nachsorge und Prognose der rheumatoiden Arthritis

Eine kontinuierliche Nachsorge ist entscheidend, um den Krankheitsverlauf zu überwachen und Therapieanpassungen vorzunehmen. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen sowie die Überwachung von Nebenwirkungen der Medikamente sind essenziell.
Unbehandelt führt rheumatoide Arthritis zu einer Zerstörung der betroffenen Gelenke, so weit, dass sie immer weniger beweglich werden und letztendlich völlig versteifen. Dies führt zu starken Schmerzen, Einschränkungen der Lebensqualität und zu einer reduzierten Lebenserwartung im Vergleich zur Normalbevölkerung.
Die Prognose hat sich jedoch mit modernen Therapiemethoden deutlich verbessert. Eine frühzeitige Behandlung kann das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen und die Lebensqualität der Patient:innen verbessern, wodurch sich die Sterblichkeit deutlich vermindert und an die normale Sterblichkeit der Bevölkerung angleicht.

Prophylaxe der rheumatoiden Arthritis

Es gibt keine spezifische Maßnahme zur Vorbeugung von RA. Ein gesunder Lebensstil, Vermeidung von Rauchen und die frühzeitige Behandlung von Symptomen können jedoch das Risiko und den Schweregrad der Erkrankung reduzieren.
FAQ
Häufig gestellte Fragen von Patient:innen zum Thema rheumatoide Arthritis

Was ist der Unterschied zwischen Rheuma und rheumatoider Arthritis?

Rheuma ist ein Sammelbegriff für viele verschiedene Erkrankungen, die mit Schmerzen und Entzündungen im Bewegungsapparat zu tun haben, also in Gelenken, Knochen, Muskeln und Sehnen. Rheumatoide Arthritis ist eine spezielle Form von Rheuma. Sie ist eine chronische Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem fälschlicherweise die Gelenke angreift, was zu Schmerzen, Schwellungen und in schweren Fällen zu dauerhaften Gelenkschäden führt. Umgangssprachlich wird die rheumatoide Arthritis jedoch häufig als Rheuma bezeichnet.
Kurz gesagt: Rheuma ist der Oberbegriff für viele Krankheiten, die Gelenkschmerzen verursachen, und rheumatoide Arthritis ist eine bestimmte Art dieser Erkrankungen.

Ist rheumatoide Arthritis eine schwere Krankheit?

Rheumatoide Arthritis ist eine chronische Erkrankung, was bedeutet, dass sie langfristig anhält und nicht vollständig geheilt werden kann. Rheumatoide Arthritis kann starke Schmerzen verursachen, die Gelenke beschädigen und zu dauerhaften Verformungen führen, wenn sie nicht rechtzeitig behandelt wird. Außerdem kann sie die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen, indem sie die Beweglichkeit einschränkt und tägliche Aktivitäten erschwert.

Was sind die Symptome bei Rheuma? Was sind die ersten Anzeichen für Rheuma?

Die Symptome von Rheuma können sehr unterschiedlich sein, da es viele verschiedene Arten von rheumatischen Erkrankungen gibt.
Erste Anzeichen können sein: Morgensteifigkeit, Gelenkschmerzen, Gelenkschwellungen, Müdigkeit, leichtes Fieber und allgemeines Unwohlsein
Im späteren Verlauf kommen u.a. folgende Symptome hinzu: Gelenkversteifungen, Gelenkdeformierungen, starke Schmerzen, eingeschränkte Beweglichkeit der Gelenke bzw. Verlust der Gelenkfunktion

Was kann man tun gegen Rheuma?

Gegen Rheuma kann man verschiedene Dinge tun, um die Schmerzen zu lindern und die Beweglichkeit zu erhalten:
 
  • Medikamente einnehmen, die die Entzündung reduzieren und Schmerzen lindern. Dazu gehören Schmerzmittel, entzündungshemmende Medikamente und sogenannte DMARDs, die das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen.
  • Bewegung und Physiotherapie: Regelmäßige Bewegung und Physiotherapie hilft, die Gelenke beweglich zu halten und die Muskeln zu stärken.
  • gesunde Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung, die reich an Omega-3-Fettsäuren und Antioxidantien ist, kann helfen, Entzündungen im Körper zu reduzieren.
  • Wärme- und Kältetherapie: Wärme kann bei steifen Gelenken helfen, während Kälte bei akuten Schwellungen und Schmerzen lindernd wirkt.
  • Gewichtskontrolle: Übergewicht belastet die Gelenke zusätzlich, deshalb kann das Halten eines gesunden Gewichts dazu beitragen, die Symptome von Rheuma zu verringern.
  • regelmäßige Arztbesuche: Es ist wichtig, regelmäßig zum Arzt zu gehen, um den Krankheitsverlauf zu überwachen und die Behandlung anzupassen.

Redaktion JOURNAL MED

Literatur:

(1) Albrecht K. et al. (2023) Systematisches Review zur Schätzung der Prävalenz entzündlich rheumatischer Erkrankungen in Deutschland. Zeitschrift für Rheumatologie 2023, DOI: 10.1007/s00393-022-01305-2.
(2)  Aletaha D. et al. (2010) 2010 Rheumatoid Arthritis Classification Criteria, Arthritis & Rheumatism, DOI: 10.1002/art.27584.
(3) Josef S. et al. (2020; 2022 update) EULAR recommendations for the management of rheumatoid arthritis with synthetic and biological disease- modifying antirheumatic drugs, Ann Rheum Dis, DOI: 10.1136/annrheumdis-2019-216655 .
(4) AWMF – S3-Leitlinie Management der frühen rheumatoiden Arthritis, abrufbar unter: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/060-002, letzter Zugriff: 09.08.2024.

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