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Gesundheitspolitik

Verhaltenstherapie statt Medikamente: Gesunder Schlaf kann Demenzverlauf positiv beeinflussen

Verhaltenstherapie statt Medikamente: Gesunder Schlaf kann Demenzverlauf positiv beeinflussen
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Immer mehr Erwachsene über 60 Jahre leiden an Schlafstörungen. Mittlerweile klagt in Deutschland rund die Hälfte dieser Altersgruppe über erhebliche Beeinträchtigungen beim Ein- und Durchschlafen. „Dies kann ein Frühzeichen für erste, minimale kognitive Einschränkungen sein“, sagt Professor Geert Mayer, ehemals Ärztlicher Leiter der Hephata-Klinik in Schwalmstadt. „Es könnten eine Alzheimer-Demenz oder eine andere neurodegenerative Erkrankung vorliegen. Umgekehrt kann dann eine Demenz auch weiter zu vermehrten Schlafstörungen führen – es handelt sich um eine bidirektionale Beziehung“, so der Neurologe und Schlafmediziner.
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Mayer untersucht die genauen Zusammenhänge zwischen Schlafqualität, Resilienz und Krankheit und sucht passende Lösungen für Betroffene. Gerade für ältere Menschen scheinen eine individuelle Schlafhygiene, eine ausreichende Lichtexposition und körperliche Aktivitäten der Schlüssel zu gesundem Schlaf zu sein. Über aktuelle Erkenntnisse berichtet Geert Mayer in Rahmen seiner Keynote-Lecture beim gemeinsamen Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) und der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie (DGGG), der vom 12. bis 15. September in Frankfurt am Main stattfindet.

Systematische Untersuchungen konnten nachweisen, dass ein gestörter, durch Wachphasen unterschiedlicher Dauer zerstückelter Nachtschlaf für die Entwicklung von Alzheimer – die häufigste Form der Demenz – relevant ist. Ab dem 65. Lebensjahr kommt es zu einer Risikoverdopplung der Demenzentwicklung. Somit ist das zunehmende Alter weiterhin der wichtigste Risikofaktor. Es gibt aber noch weitere Faktoren, die eine Demenzentwicklung begünstigen: Zum Beispiel genetische – familiär vererbte – Anfälligkeiten für bestimmte Krankheiten oder Zellschäden durch freie Radikale mit entsprechender Neuroinflammation, ergo einer Entzündung von Hirngewebe. Auch eine Störung der Mitochondrien, den Kraftwerken der menschlichen Zellen und Energielieferanten für den Organismus, kann für ein Fortschreiten der Alzheimer-Demenz sorgen."
 
 

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Spätfolgen abklären: Gezielte Behandlung von komorbiden Schlafstörungen

„Eine Verbesserung der Schlafstruktur ab einem mittleren Lebensalter gepaart mit einer Vermeidung oder gezielten Behandlung von komorbiden Schlafstörungen – also Schlafproblemen, die zusätzlich zu einer Grunderkrankung auftreten – können zur Resilienz gegen Demenzen führen“, sagt Geert Mayer. Gut nachgewiesen sei das mittlerweile beispielsweise bei der obstruktiven Schlafapnoe, bei der es während des Schlafes wiederholt zu einer verringerten Atmung oder auch einem Aussetzen der Atmung durch die Verengung des Rachenraumes kommt. Auch beim sogenannten Restless-Legs-Syndrom, einer chronischen neurologischen Erkrankung mit unruhigen Beinbewegungen im Schlaf, die zu häufigem nächtlichen Erwachen führen kann, sei das erkannt worden. „Um Spätfolgen abzuklären, sollten Betroffene unbedingt das Gespräch mit ihrer Hausärztin oder ihrem Hausarzt suchen. Mit ihr oder ihm gilt es, die Qualität, Dauer und Struktur des Schlafes genau einzugrenzen, um eine spezifische Beratung oder Behandlung einzuleiten“, so der Mediziner.

Verhaltenstherapie statt Medikamente – Angehörige können unterstützen

„Bei jahrelang bestehender Schlafstörung sollten Schlaftagebücher geführt und gegebenenfalls Schlaflaboruntersuchungen veranlasst werden, um das Ausmaß der primären oder komorbiden Schlafstörungen einschätzen zu können“, sagt Mayer. Verhaltensorientierte oder verhaltenstherapeutische Maßnahmen zur Behandlung der Schlafstörung stünden dabei an erster Stelle. „Dazu zählen beispielsweise individuelle Regeln zur Schlafhygiene, die eine passende Schlafumgebung, die Ernährung vor der Nachtruhe oder auch feste Zubettgehzeiten definieren. Darüber hinaus ist es gerade bei älteren Menschen wichtig, dass sie körperlich in Bewegung bleiben und ausreichend Tageslicht aufnehmen. Gegebenenfalls kann eine zusätzliche Lichttherapie verordnet werden“, sagt Mayer. Für Patientinnen und Patienten mit chronischer Insomnie sei die kognitive Verhaltenstherapie langfristig effektiver als das Einnehmen von Medikamenten. Bei bereits an Demenzen erkrankten Personen können diese Maßnahmen durch Angehörige oder professionellen Betreuer unterstützt werden.

Fünffaches Risiko bei dementen Personen – schlechtere kognitiven Funktionen

Das Risiko für eine komorbide Schlafstörung ist bei dementen Personen um das Fünffache erhöht und trägt damit zur Schlaffragmentierung bei. „Durch diesen fragmentierten Schlaf findet das Gehirn nicht richtig zur Ruhe. Die erhöhte Reiz- und Informationsübertragung führt zu einem veränderten Schlafverhalten, wodurch sich langfristig die kognitiven Funktionen verschlechtern“, erklärt Mayer. Betroffen hiervon sind sowohl die Tiefschlafphasen als auch die Schlafphasen des Rapid Eye Movement (REM), die durch schnelle Augenbewegungen bei geschlossenen Lidern gekennzeichnet sind. Diese Phasen nehmen im mittleren Lebensalter zwischen 20 bis 25% des Schlafes ein und im Verlauf der Nacht an Dauer zu.

Nach aktuellen Erkenntnissen ist die REM-Phase ein hochaktiver, dem Wachen ähnlicher Schlafzustand, der für die Stressbewältigung, Informationsverarbeitung und Gedächtniskonsolidierung zuständig ist. „Genau diese Phasen werden nun aber durch Schlaffragmentierung vermindert, wodurch das vorwiegend im Schlaf aktive glymphatische System zur Entsorgung zellulärer Abfallstoffe im zentralen Nervensystem beeinträchtigt ist. So können Abbauprodukte wie Amyloid Plaques – Proteinablagerungen – nicht mehr ausreichend ausgeschieden werden. Sie häufen sich an und begünstigen wiederum die Demenz“, sagt der Neurologe Geert Mayer. Bisher sei es allerdings noch nicht möglich, auf Grund der Art einer vorliegenden Schlafstörung eine genaue Risikovorhersage bezüglich einer Demenzentwicklung zu stellen. „Es handelt sich um ein multifaktorielles Geschehen, das wir noch wesentlich genauer untersuchen müssen“, so Mayer.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG)


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