PV-Patient:innen haben hohes TE-Risiko
TEs sind bei PV-Patient:innen mit einem hohen Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko assoziiert (3-,7). Die Verminderung dieser Komplikationen ist deshalb vorrangiges Therapieziel (6). Es gilt, Patient:innen mit hohem Risiko für TEs frühzeitig zu erkennen und sie einer risikoadaptierten Behandlung zuzuführen (6). Real-World-Daten aus der Studie PV-AIM legen nahe, dass die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von TEs auf Basis neuer prädiktiver Marker mit Hilfe von Machine Learning (ML) errechnet werden kann (1, 2). So können perspektivisch PV-Patient:innen mit hohem TE-Risiko identifiziert werden, bei denen eine Anpassung der Behandlungsmodalitäten geboten erscheint (1, 2).
Individuelles Thromboserisiko entscheidet bei PV-Patient:innen über Therapie
Die leitliniengerechte Behandlung der PV orientiert sich am individuellen Thromboserisiko der Patient:innen, das derzeit im Wesentlichen durch die Risikofaktoren höheres Lebensalter und stattgehabte Thrombosen bestimmt wird (6, 8). Für Patient:innen mit Hochrisiko-PV, die mindestens 60 Jahre alt sind und/oder mindestens ein TE in der Vorgeschichte haben, wird als Primärtherapie eine medikamentöse zytoreduktive Therapie mit HU oder Interferon alpha empfohlen, die ihrerseits bei HU-Resistenz/-Intoleranz auf eine Zweitlinienbehandlung, z. B. mit Ruxolitinib, umgestellt werden kann (6, 8).
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Prädiktive Faktoren müssen für PV-Patient:innen verbessert werden
Trotz der Empfehlungen nationaler (6) und internationaler (8) Leitlinien für eine risikoadaptierte Therapie ist die Wahrscheinlichkeit für PV-Patient:innen, ein TE zu erleiden, nach wie vor um ein Vielfaches höher als in der Normalbevölkerung (7, 9). Prof. Dr. med. Florian Heidel, Universität Greifswald, führt das darauf zurück, dass die Stratifikationsfaktoren Alter und stattgehabte Thrombose alleine zu ungenau sind, um eine optimale Therapieentscheidung im Sinne der Patient:innen zu treffen. „Die prädiktiven Faktoren, die die Therapieentscheidung bei der PV bestimmen, bedürfen einer Verbesserung, um unsere Patient:innen besser zu schützen“, so der Hämatologe bei einem virtuellen Fachpressegespräch. Einen vielversprechenden Ansatz bietet laut Heidel ein statistisches Modell, das auf der Grundlage von Datenbankanalysen mit Hilfe von KI entwickelt wurde – mit dem Ziel, neue prädiktive Faktoren für ein erhöhtes Thromboserisiko bei der PV zu ermitteln. Datengrundlage war die US-OPTUM-Datenbank, die aktuell mehr als 70.000 Datensätze von PV-Patient:innen enthält (1, 2).
Anwendung der KI bei PV-Patient:innen
Im Rahmen der Studie wurde zunächst die TE-Inzidenz bei PV-Patient:innen analysiert, die entweder nur unter zytoreduktiver Therapie mit HU standen oder nach einer initalen Behandlung mit HU auf Ruxolitinib umgestellt wurden. Bei den „Switch-Patient:innen“ stabilisierte sich die TE-Inzidenz, während sie bei weitergeführter HU-Behandlung erneut anstieg (1, 2). Die Identifikation prädiktiver Marker für das Auftreten von TEs erfolgte mit Hilfe einer iterativen Machine Learning-Analyse, in die Datensätze von über 3.800 Patient:innen mit einer mindestens 6-monatigen initialen HU-Therapie eingingen. Die Daten aller Patient:innen wurden zunächst longitudinal sortiert, dann mittels ML-Algorithmus analysiert und prädiktiv modelliert. Abschließend wurden die ML-Ergebnisse via Entscheidungsbaumverfahren in einen klinisch interpretierbaren Klassifikations-Algorithmus für verschiedene Szenarien überführt (1, 2).
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Stattgehabte TE erhöhen Risiko für weitere TE bei PV-Patient:innen deutlich
Als wesentlicher Prädiktor für das Auftreten von TEs erwies sich die TE-Historie im Vorfeld der Behandlung, die das TE-Risiko etwa verdoppelte. Bei Patient:innen ohne stattgehabte TEs wurde zudem die Kombination aus dem prozentualen Anteil an Lymphozyten (< 17%) und der Verteilungsbreite der Erythrozyten (RDW; < 15%) als hoch prädiktiv für das Auftreten von TEs identifiziert, bei Patienten mit TE-Historie die Kombination aus dem prozentualen Anteil an Lymphozyten (> 13%) und der Thrombozytenzahl (> 393 x 109/l). Wurden ergänzend Informationen zur Phlebotomie-Abhängigkeit der Patienten hinzugezogen, war es mit dem prädiktiven Modell möglich, das Therapieversagen auf HU in den kommenden 3 Monaten vorherzusagen, erklärte Heidel, wenngleich weitere Studien zur Bestätigung nötig sind (1). Zukünftig könnten die durch KI identifizierten und in weiterführenden Studien validierten Prädiktoren in der klinischen Routine perspektivisch dazu beizutragen, das Versagen einer HU-Therapie bei PV-Hochrisiko-Patient:innen frühzeitig zu erkennen, sodass ein therapeutisches Gegensteuern möglich wird. Heidel: „Dies könnte dabei helfen, einer Hauptursache für Morbidität und Mortalität bei der PV vorzubeugen.”
(1) Novartis Satellitensymposium „Gemeinsam in der Hämatologie für Patienten: langjährige Erfahrung zahlt sich
aus!“. Virtueller DGHO-Kongress. 1. bis 4. Oktober 2021. Online verfügbar unter: https://www.virtuell-dgho.com/#/app/sessions/da7ad0c0-3ed1-4500-1260-010000000014; Letzter Zugriff am 11. November 2021.
(2) Verstovsek S et al: Interactions of Key Hematological Parameters with Red Cell Distribution Width (RDW) are associated with Incidence of Thromboembolic Events (Tes) in Polycythemia Vera (PV) Patients: A Machine Learning Study (PV-AIM). https://ash.confex.com/ash/2020/webprogram/Paper137258.html; letzer Zugriff 25.November 2020; Virtueller ASH-Kongress. 5. bis 8. Dezember 2020.
(3) Marchioli R et al. Vascular and neoplastic risk in a large cohort of patients with polycythemia vera. J Clin Oncol
2005;23(10):2224-2223.
(4) Raedler LA. Diagnosis and Management of Polycythemia Vera: Proceedings from a Multidisciplinary
Roundtable. Am Health Drug Benefits. 2014;7 (7 suppl 3):S36-S47.
(5) Fachinformation Jakavi®, aktueller Stand.
(6) Lengfelder E et al. Leitlinie Polycythaemia vera. Stand: August 2021. Online verfügbar unter: https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/polycythaemia-vera-pv/@@guideline/html/index.html;
Letzter Zugriff am 11. November 2021.
(7) Griesshammer M et al. Thromboembolic events in polycythemia vera. Ann Hematol 2019;