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Doppelinfektion verursacht „Feuer in der Leber“

HDV ist ein unvollständiges Virus und benötigt das Hepatitis B-Virus (HBV) als Helfer, um sein RNA-Erbmaterial in dessen Hülle zu verpacken, an die Leberzelle anzudocken und in sie einzudringen. Eine Hepatitis D-Infektion kommt daher auch nur als Co-Infektion mit einer Hepatitis B-Infektion vor. „Hepatitis D verstärkt die bereits bestehende HBV-Infektion noch und verursacht sozusagen ein Feuer in der Leber“, erklärt Teamleiter Dr. Norman Woller. Hepatitis D ist zwar eine seltene Erkrankung, die weltweit etwa 10 bis 20 Millionen Menschen betrifft, das Virus gilt jedoch als besonders aggressiv und kann schnell zu einer Leberzirrhose oder zu Leberkrebs führen, weshalb in der Medizin auch von der „Devil-Variante“ die Rede ist.

Bulevirtid bei CHD: Einfluss auf NK-Zellen und TIGIT-Expression untersucht

Das Forschungsteam hat das Immunsystem von Erkrankten untersucht, die an chronischer Hepatitis D (CHD) leiden und mit Bulevirtid behandelt wurden. Die Forschenden richteten ihren Blick dabei auf das angeborene Immunsystem, insbesondere die natürlichen Killerzellen (NK). „Diese Immunzellen bilden die erste Verteidigungslinie und richten sich vor allem gegen von Viren befallene Zellen und gegen Krebs. Wir haben vermutet, dass die BLV-Behandlung die Immunzellen bei CHD-Patienten beeinflussen könnte, und eine hochauflösende Analyse der NK-Zellen vor und während der BLV-Therapie vorgenommen“, so Dr. Woller. Während die Anzahl der NK-Zellen selbst während der BLV-Behandlung insgesamt stabil blieb, konnten die Forschenden bei einer bestimmten CHD-Gruppe vor und während der Therapie deutliche Veränderungen bei einem für die Immunreaktion wichtigen Marker namens TIGIT auf der Oberfläche der NK-Zellen.

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TIGIT-Signalweg: Schlüsselrolle in der Immunregulation

TIGIT gehört zu den Immuncheckpoint-Proteinen, die vielversprechende Ansätze für die Krebstherapie bieten. Krebszellen können zusammen mit Zellen aus der unmittelbaren Tumorumgebung die Immunantwort unterdrücken. Dabei spielt der TIGIT-Signalweg eine wichtige Rolle. Der Immunrezeptor TIGIT befindet sich auf verschiedenen Immunzellsorten und wirkt dabei als Bremse, um überschießende Entzündungsreaktionen zu verhindern. „Fehlt TIGIT oder ist der Checkpoint ausgeschaltet, läuft die eigentlich gewünschte Entzündungsreaktion des Immunsystems sozusagen aus dem Ruder“, erklärt Po-Chun Chen, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Klinik und Erstautor der Studie.

Bulevirtid schaltet NK-Zell-Bremse wieder an

Im Verlauf der Behandlung mit Bulevirtid stiegt die Aktivierung von TIGIT deutlich an. Gleichzeitig sanken die Werte des Enzyms Alanin-Aminotransferase, einem Marker für Leberentzündung. In den Kontrollgruppen aus Patient:innen mit chronischer Hepatitis C sowie chronischer Hepatitis B war das nicht der Fall. „Das Fehlen der TIGIT-Aktivität auf bestimmten NK-Zellen ist offenbar ein Kennzeichen für eine Leberentzündung bei einer HDV-Infektion“, vermutet Dr. Woller. Eine Behandlung mit Bulevirtid schaltet die Bremse für die Entzündungsreaktionen möglicherweise wieder an und könnte somit der Auslöser sein, warum die Leberentzündung zurückgeht und sich die Leberenzyme während der Therapie schnell verbessern.

Quelle:

Medizinische Hochschule Hannover

Literatur:

(1) Po-Chun C et al. Hepatology 2025. DOI: 10.1097/HEP.0000000000001238