Schlafmangel erhöht das Risiko für Infektionskrankheiten
Eltern kleiner Kinder und Schichtarbeiter vermuten es schon lange: Wer zu wenig schläft, hat ein höheres Risiko, sich eine Infektion wie eine Erkältung einzufangen. Eine neue Studie, die im Fachblatt Chronobiology International veröffentlicht wurde, bestätigt nun diesen Zusammenhang zwischen Schlafmangel und einer erhöhten Anfälligkeit für Krankheiten (1).
Untersuchung von Pflegekräften zeigt eindeutige Ergebnisse
Für die Studie wurden 1.335 Krankenschwestern und Pfleger in Norwegen befragt, die mindestens 30 Jahre alt waren. Die Teilnehmenden gaben an, wie viel Schlaf sie benötigen, wie viel sie tatsächlich bekommen, welche Schichten sie arbeiten und wie häufig sie in den vergangenen Monaten an bestimmten Infektionskrankheiten litten. Die Ergebnisse zeigten deutliche Zusammenhänge zwischen Schlafdefizit und Erkrankungshäufigkeit.
Höheres Erkältungsrisiko bei Schlafmangel
Die Untersuchung ergab, dass ein Schlafdefizit von bis zu 2 Stunden das Risiko für eine Erkältung um 33% erhöhte. War das Defizit noch größer, erkrankten die Betroffenen noch häufiger. Auch das Risiko für andere Infektionen wie Bronchitis, Nasennebenhöhlenentzündungen und Magen-Darm-Infekte war bei Schlafmangel signifikant erhöht.
„Schlafmangel und unregelmäßiger Schichtdienst, einschließlich Nachtarbeit, beeinträchtigen nicht nur das Immunsystem der Krankenschwestern und -pfleger, sondern könnten sich auch auf ihre Fähigkeit auswirken, eine hochwertige Patientenversorgung zu gewährleisten“, erklärt die Hauptautorin der Studie, Siri Waage vom Universitätskrankenhaus Haukeland in Bergen. Daher sei es wichtig, Maßnahmen zu ergreifen, um das medizinische Personal vor Infektionskrankheiten zu schützen.
Kausalität zwischen Schlaf und Infektionen noch unklar
Die Forschenden betonen jedoch, dass die Studie keine eindeutige Aussage über Ursache und Wirkung zulässt. Es bleibt unklar, ob Schlafmangel tatsächlich Infektionen begünstigt oder ob umgekehrt Infektionen zu einem schlechteren Schlaf führen. Auch eine unbekannte dritte Variable könnte beide Faktoren beeinflussen.
Weitere Studien liefern zusätzliche Hinweise
Luciana Besedovsky von der LMU München, die den Zusammenhang zwischen Schlaf und Immunsystem erforscht, verweist auf ergänzende Studien, die zur Klärung dieser Frage beitragen könnten. Ihr Team lud gesunde Versuchspersonen ins Schlaflabor ein, ließ einige schlafen und hielt andere über 24 Stunden wach, um anschließend Immunparameter zu messen.
„Wir finden in diesen Studien, dass Schlaf sich auf verschiedene Immunparameter auswirkt“, erklärt Besedovsky. „Beispielsweise beeinflusst Schlaf die Freisetzung bestimmter Zytokine.“ Zudem wirke sich Schlaf auf die Anzahl der Immunzellen aus, die im Blut zirkulieren.
Einfluss von Hormonen auf das Immunsystem
Ein möglicher ursächlicher Zusammenhang liegt laut Besedovsky in der hormonellen Regulation. Während des Schlafs setzt der Körper verschiedene Hormone wie das Wachstumshormon Somatropin frei, die sich positiv auf das Immunsystem auswirken. Dieser Mechanismus sei bereits gut erforscht. Ein weiterer Hinweis auf den positiven Effekt von Schlaf auf das Immunsystem stammt aus Impfstudien. Hier wurden Teilnehmende in Gruppen eingeteilt: Eine Gruppe durfte nach der Impfung schlafen, die andere nicht. „Diejenigen, die geschlafen haben, zeigten eine deutlich stärkere Immunantwort“, erklärt Besedovsky.
Weiterer Forschungsbedarf zu Schlaf und Immunsystem
Obwohl es inzwischen viele Hinweise darauf gibt, dass Schlafdauer und Infektionsrisiko zusammenhängen, sind die zugrunde liegenden Mechanismen noch nicht vollständig verstanden. Besedovsky betont, dass weiterhin Forschungsarbeit nötig sei, um den genauen Einfluss des Schlafs auf das Immunsystem und die Krankheitsanfälligkeit vollständig zu entschlüsseln.
Quelle:dpa
Literatur:
(1) Hosøy D.H. et al. (2025) Night work and sleep debt are associated with infections among Norwegian nurses, Chronobiology International, DOI: 10.1080/07420528.2025.2455147.