Seltene Diabetes-Formen sind monogenetisch
Diabetes mellitus ist eine Volkskrankheit. Mehr als 7%der Erwachsenen in Deutschland leiden unter dieser chronischen Stoffwechselerkrankung, und zunehmend sind auch Kinder davon betroffen. Die Krankheit geht einher mit einem zu hohen Blutzuckerspiegel, der langfristig mit gravierenden Folgeerkrankungen verbunden ist. Ursachen, Krankheitszeichen und -verläufe unterscheiden sich je nach Diabetes-Typ. Neben den klassischen Diabetesformen, bekannt als Typ-1- und Typ-2-Diabetes, existieren auch seltenere Formen, bei denen die Erkrankung monogenetisch ist, also durch einen einzigen Gendefekt ausgelöst wird.
Gen ONECUT1 für Entstehung bestimmter Diabetes-Formen verantwortlich
Ein internationales Forschungsteam konnte nun in einer „Nature Medicine“-Studie zeigen, dass Mutationen im Gen ONECUT1 eine Schlüsselrolle bei der Entstehung bestimmter Diabetes-Formen spielen. Nicht nur bei Betroffenengruppen mit monogenetischem Diabetes fanden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Gendefekte in ONECUT1. Sie konnten darüber hinaus auch nachweisen, dass Varianten dieses Gens bei speziellen Formen von Typ 2 Diabetes eine wichtige Rolle spielen, die sich im frühen Erwachsenenalter zeigen.
Lesen Sie mehr zu diesem Thema:
Erste deutsche S3-Leitlinie zur Pankreatitis erschienen
Erschienen am 20.04.2022 • Was umfasst die neue S3-Leitlinie zur Pankreatitis? Welche Rolle spielen bildgebende Verfahren in der Diagnose und Therapie? Das und mehr finden Sie hier!
Erschienen am 20.04.2022 • Was umfasst die neue S3-Leitlinie zur Pankreatitis? Welche Rolle spielen bildgebende Verfahren in der...
© SciePro - stock.adobe.com
Entdeckung des Gendefekts in ONECUT1 hilft bei personalisierter Diabetes-Behandlung
„Mit unserer Studie konnten wir ein bisher unbekanntes humanes Diabetes-Gen identifizieren“, erklärt Heisenberg-Professor Alexander Kleger, Leiter der Pankreas-Arbeitsgruppe an der Klinik für Innere Medizin I des Universitätsklinikums Ulm. „Diese Entdeckung ist von hoher klinischer Relevanz, weil sie uns dabei helfen kann, Diabetes-Erkrankungen personalisiert zu behandeln und dabei den genetischen Besonderheiten des Einzelnen Rechnung zu tragen “, ergänzt der Mediziner. Kleger hat zusammen mit Dr. Cécile Julier, Humangenetikerin am renommierten Cochin Institut in Paris, die Studie geleitet. Den Forscherinnen und Forschern ist es nicht nur gelungen, diesen speziellen genetischen Defekt bei Menschen mit Diabetes-Erkrankungen nachzuweisen, sie konnten darüber hinaus auch den Mechanismus näher beleuchten, wie die ONECUT1-Varianten die Funktion der insulin-produzierenden Beta-Zellen beeinträchtigen. Das Gen ONECUT1 spielt nämlich eine wesentliche Rolle in der Pankreasentwicklung. Mutationen in diesem wichtigen Gen stören diesen komplexen Prozess an verschiedenen Stellen.
Lesen Sie mehr zu diesem Thema:
Fördert ein Mangan-Mangel Typ-2-Diabetes?
Erschienen am 28.06.2021 • Erbanlagen spielen bei einem Typ-2-Diabetes eine wichtige Rolle, nun könnte ein weiteres zu den bislang mehreren Hundert bekannten Genen hinzukommen. Dr. med. Martin Daniels, Universitätsklinikum Tübingen, forscht an einer Gen-Mutation, die über verschiedene Zwischenschritte möglicherweise auch das Diabetesrisiko erhöht. Dafür wurde er nun mit der Menarini Projektförderung 2021 der BERLIN-CHEMIE AG ausgezeichnet. Die Tübinger Arbeitsgruppe untersucht schon länger den Beitrag von genetischen Faktoren für die Entstehung des Diabetes, speziell der SLC-Transporter. Nun ist ein neuer Marker in ihren Blickpunkt geraten: eine Missense-Mutation (A391T) im Gen des Mangan-Transporters (SLC39A8). Dieses Protein sorgt in seinem Normalzustand dafür, dass unter anderem Mangan aus dem Darm ins Blut aufgenommen wird.
Erschienen am 28.06.2021 • undefined
©neirfy - stock.adobe.com
ONECUT1-Genvarianten beeinträchtigen Beta-Zellen des Pankreas
Um die molekular-genetischen Netzwerke der Pankreasentwicklung besser verstehen zu können, wurden humane pluripotente Stammzellen mit deaktiviertem ONECUT1-Gen zu Pankreaszellen differenziert. Außerdem wurden Hautzellen von Patienten zu Stammzellen re-programmiert, die danach wiederum zu Pankreaszellen entwickelt wurden. Das Ergebnis dieser aufwändigen Laboruntersuchungen zeigte, dass die Bildung von Vorläuferzellen der Bauchspeicheldrüse durch die neu entdeckten ONECUT1-Genvarianten entscheidend beeinträchtigt war und zudem die Insulin-produzierenden Beta-Zellen des Pankreas in ihrer Funktion der Blutzuckerregulation nachhaltig gestört waren.
Lesen Sie mehr zu diesem Thema:
Neue Diabetes-Typen und Subklassen
Erschienen am 01.08.2019 • Eine differenzierte Behandlung von Typ-2-Diabetes ist essentiell, Fehldiagnosen und Fehltherapie können lebensgefährliche Folgen haben. Daher werden neue Unterformen (Subphänotypen) des Typ-2-Diabetes und des Prädiabetes postuliert. Diese sollen in Zukunft eine risikostratifizierte Prävention und Therapie ermöglichen. In diesem Postulat spiegelt sich der Aufbruch der Diabetologie aus dem Zeitalter der Universalprävention und Universaltherapie hin zu einer Präzisionstherapie und Präzisionstherapie.
Im Interview mit www.journalmed.de erläutert Prof. Dr. med. Andreas Fritsche, Tübingen, die unterschiedlichen Subphänotypen und die Konsequenzen einer neuen Klassifizierung.
Erschienen am 01.08.2019 • undefined
© Sebastian Kaulitzki / Fotolia.com
Molekular-genetische Mechanismen der Pankreas-Störung identifiziert
Das Forschungsteam konnte zudem die molekular-genetischen Mechanismen entschlüsseln, die diese Funktionsstörung auslösen. „Es zeigte sich unter anderem, dass Mutationen im ONECUT1-Gen andere Transkriptionsfaktoren bei der Bindung an die DNA behindert haben und somit Pankreas-spezifische Genexpressionsregulatoren in ihrer Aktivität reduziert waren“, betont die Ulmer Wissenschaftlerin Dr. Sandra Heller, die zusammen mit dem Bioinformatiker Prof. Ivan Costa vom Uniklinikum Aachen zu den vier Erstautoren der „Nature Medicine“-Veröffentlichung gehört.