AP und Bilirubin als Surrogatmarker etabliert
Biomarker wie z.B. Cholestaseparameter der Leber lassen sich im klinischen Alltag unkompliziert bestimmen und bei der Identifizierung von
PBC-Risikopatient:innen heranziehen, die ggf. einer Therapieintensivierung bedürfen. Sowohl die
Alkalische Phosphatase (AP) als auch
Bilirubin sind bereits Bestandteil multipler Ansprechkriterien für eine
UDCA-Erstlinientherapie (z.B. PARIS-II-Kriterien) und als Surrogatmarker etabliert, die mit einer „gewissen Wahrscheinlichkeit den klinischen Nutzen einer Therapie vorhersagen“ können (1).
Verbesserung der Leberwerte, um bei Patient:innen mit PBC eine möglichst gute Überlebensprognose zu erreichen
Darüber hinaus präzisieren neuere Kohortenanalysen der GLOBAL PBC Study Group, wie weit die Verbesserung dieser Leberwerte gehen sollte, um bei Patient:innen mit PBC eine möglichst gute Überlebensprognose zu erreichen. Demnach nahm das Risiko für eine
Lebertransplantation oder Tod zu, sobald der Bilirubin-Wert auf über das 0,6-fache des oberen Normwerts anstieg (Bilirubin >0,6x ULN). Zudem waren 10-Jahres-Überlebensraten bei leicht erhöhten AP-Werten niedriger (AP 1,0-1,67x ULN) als bei vollständiger Normalisierung der AP (AP ≤1x ULN) (1). „Als aktualisiertes Therapieziel bei der
PBC ist eine Normalisierung der AP und zusätzlich ein niedrig-normales Bilirubin anzustreben. Daneben gilt es, auch weitere Parameter wie den Serumspiegel der Transaminasen und Gamma-Glutamyltranspeptidase zu beachten“ betonte Prim. Univ.-Prof. Markus Peck-Radosavljevic, Klinikum Klagenfurt. „Damit können wir frühzeitig auch Risikopatient:innen mit ungünstiger Prognose identifizieren, die einer Zweitlinientherapie mit Obeticholsäure bedürfen.“
Optimierte Prognose unter Obeticholsäure
Obeticholsäure (Ocaliva
®) ist ein selektiver und potenter Agonist des nukleären Farnesoid-X-Rezeptors, der u.a. die Gallensäurehomöostase regulieren und sowohl anti-cholestatisch, anti-inflammatorisch als auch anti-fibrotisch wirken kann (3). Aus der offenen Verlängerungsphase (POISE LTSE) der zulassungsrelevanten Phase-III-Studie POISE sind mittlerweile Langzeitdaten über insgesamt bis zu 6,3 Jahre dokumentiert, die eine anhaltende Absenkung von Cholestasemarkern wie Bilirubin, Gamma-Glutamyltransferase (GGT) und AP sowie weiterer Biomarker wie ALT oder AST anzeigen (4).
Langzeitvergleichsanalyse evaluiert das ereignisfreie Überleben der Leber unter der Therapie mit Obeticholsäure
In Ergänzung zu den Ergebnissen der POISE-Studie wurde auf dem
ILC 2022 eine neue Langzeitvergleichsanalyse vorgestellt, die das ereignisfreie Überleben der Leber unter der Therapie mit Obeticholsäure evaluiert hat. Demnach zeigte sich das relative Risiko für hepatische Dekompensation, Lebertransplantation oder Tod unter Obeticholsäure statistisch signifikant und klinisch bedeutsam reduziert: Die relative Risikoreduktion gegenüber Patient:innen, die keine Obeticholsäure-Therapie erhielten, betrug 58% (HR = 0,42; 95%-KI: 0,21-0,85; p = 0,02) und war vom Zirrhosestatus der Leber unabhängig (2). Für die Vergleichsanalyse wurden mit Obeticholsäure behandelte Patient:innen aus der POISE-Studie (Therapiearm) mit Obeticholsäure-naiven Patient:innen aus der großen Real-World Kohorte Global PBC (externer Kontrollarm) verglichen. Um der potenziell ungleichen Verteilung prognoserelevanter Ausgangsfaktoren Rechnung zu tragen, wurde eine inverse, nach Behandlungswahrscheinlichkeit gewichtete Analyse (IPTW, inverse probability of treatment weighting) durchgeführt (2).
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Erschienen am 21.12.2021 • Unter Obeticholsäure steigen die Chancen auf ein transplantatfreies Überleben für PBC-Patienten. Näheres lesen Sie bei uns!
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Signifikant niedrigere Pruritus-Prävalenz
Eine Metaanalyse von 11 Real-World-Studien, die ebenfalls auf dem ILC 2022 diskutiert wurde, verglich die Daten zum therapieassoziierten Pruritus der in POISE behandelten Patient:innen (n = 209; Doppelblindphase und LTSE) mit Erfahrungen aus Real-World-Studien (n = 1192). Interessanterweise ergab sich für die Anwendung von Obeticholsäure im Therapiealltag mit 29% eine signifikant niedrigere
Pruritus-Prävalenz, als zuvor im Rahmen der POISE-Studie mit 62% berichtet (χ2=108,69; p<0,001) (5).
Mehr Zeit in laborchemischer Normalisierung für bessere Leber-Outcomes
Eine retrospektiv durchgeführte Datenanalyse bei Real-World-Patient*innen (n = 2379) bestätigte zudem die substanzielle Bedeutung einer frühen und anhaltenden Normalisierung von Leberparametern: Je länger sich relevante Zielparameter wie die AP außerhalb des Normbereichs befanden, desto größer wurde das Risiko für hepatische Dekompensation, Lebertransplantation oder Tod. Folglich ist durch die frühzeitige Risikostratifizierung und Umstellung auf eine effektive Zweitlinientherapie eine Minimierung der Zeitspanne anzustreben, in der laborchemische Leberparameter den Zielbereich verfehlen (6).
Aktuelle Situation der PBC-Patient:innen in Deutschland
Ersten Auswertungen einer
PBC-Patient:innen-Umfrage der
Deutschen Leberhilfe e.V. zufolge (PBC Survey 2022) ist bei der Mehrheit der PBC-Patient:innen hierzulande davon auszugehen, dass die laborchemischen Therapieziele unter der laufenden Medikation verfehlt werden: „Bei 59% der befragten Patient:innen befand sich die AP und bei 23% der Bilirubinwert jenseits des Normbereichs. Nur 14% berichteten von einer zwischenzeitlich erfolgten Therapieanpassung“, gab Prof. Andreas Kremer, Universitätsspital Zürich, zu bedenken.
Populationsbasierten Studie zur Versorgung von Patient:innen mit PBC in England
Deutliche Differenzen zwischen einer leitliniengerechten PBC-Versorgung und der Umsetzung in der Praxis offenbaren auch die Ergebnisse einer populationsbasierten Studie zur Versorgung von Patient:innen mit PBC in England: Bei 21,5% der Patient:innen erfolgte die Erstlinientherapie in suboptimaler Dosierung und nur 23% der Patient:innen, die keine Erstlinientherapie mit UDCA erhielten, wurden auf eine alternative Behandlung bzw. Zweitlinientherapie eingestellt (7). Zudem weist eine Analyse der Verschreibungsdaten aus England darauf hin, dass nur bei 51% der Patient:innen, die eine Zweitlinientherapie mit Obeticholsäure erhielten, die Anfangsdosis wie empfohlen von täglich 5 mg auf täglich 10 mg erhöht wurde. Eine korrekte Dosistitration ging dabei auch mit höheren Retentionsraten und niedrigeren Drop-out-Raten einher als bei Patient:innen, die unterdosiert blieben (8).
Risikopatient:innen auch in der Primärversorgung frühzeitig erkennen
„Mittlerweile stehen uns verschiedene Zielparameter zur Verfügung, deren prognostische Bedeutung wir immer besser verstehen, sodass wir PBC-Patient:innen eine risikostratifizierte Behandlung anbieten können. Risikopatient:innen können so auch in der Primärversorgung frühzeitig erkannt und für die weitere Beurteilung und Therapie in die Sekundärversorgung überweisen werden“, resümierte Kremer.
(1) Murillo Perez CF et al. Am J Gastroenterol 2020; 115: 1066-74.
(2) Murillo Perez CF et al. ILC/EASL 2022, Abstract: Long-term obeticholic acid (OCA) for Primary Biliary Cholangitis (PBC) in a clinical trial improved event free survival (death, liver transplant and hepatic decompensation) compared to external controls from the GLOBAL PBC real-world database – Abstract #THU484.
(3) Aktuelle Fachinformation Ocaliva® 5 mg/10 mg Filmtabletten.
(4) Nevens F et al.: AASLD 2019, Oral Presentation LO6.
(5) Horne P et al.: al. ILC/EASL 2022: Real-world prevalence of pruritis with obeticholic acid: a systematic literature review and meta-analysis. Abstract #THU439.
(6) Ritter T et al. ILC/EASL 2022: Proportion of time and degree to which liver biochemistries are out-of-range predicts time to first occurrence of negative hepatic outcomes in people with primary biliary cholangitis. Abstract #THU478.
(7) Abbas N et al. ILC/EASL 2022: Critical shortfalls in the management of PBC: results of the first nationwide, population-based study of care delivery across the U.K. Abstract #OS137.
(8) Gibbons C et al. ILC/EASL 2022: Analyses of obeticholic acid treatment retention in UK patients based on medicine delivery data. Abstract #520.