Krampfadern: Häufige Gefäßerkrankung mit ernstzunehmenden Komplikationen
Rund jeder 5. Erwachsene muss im Laufe seines Lebens damit rechnen, Krampfadern zu entwickeln. Dass die Varizen damit zu den häufigsten Gefäßerkrankungen zählen, sollte jedoch kein Grund sein, sie zu unterschätzen. Die oberflächlichen Venen, die als Krampfadern hervortreten, spielen für die Blutversorgung der Beine zwar tatsächlich nur eine untergeordnete Rolle. „Wenn sich das Blut hier staut, kann das aber mit der Zeit die Haut und das darunterliegende Gewebe schädigen“, sagt Privatdozent Dr. Houman Jalaie, stellvertretender Direktor der Klinik für Gefäßchirurgie und Leiter des Venenzentrums am Aachener Universitätsklinikum.
So können sich Verfärbungen der Haut, entzündungsbedingte Hautveränderungen oder auch Beingeschwüre einstellen. „Im weiteren Verlauf können extrem erweiterte Krampfadern stark bluten, wenn die Betroffenen kratzen, oder sie platzen sogar spontan“, erläutert Jalaie. Eine ernstzunehmende Komplikation der Erkrankung ist die wiederkehrende Entzündung der erweiterten Vene, die sogenannte Thrombophlebitis. „In seltenen Fällen kann es nach einer Thrombophlebitis zu
Thrombosen der tiefen Venen oder einer lebensbedrohlichen
Lungenembolie kommen“, berichtet der DGG-Experte.
Risikofaktoren für Krampfadern beim weiblichen Geschlecht
Zu den Risikofaktoren, die die Entstehung von Krampfadern begünstigen, zählt neben zunehmendem Alter, einer familiären Veranlagung, starkem Übergewicht und stehenden Berufen auch das weibliche Geschlecht. „Hormonelle Veränderungen sind wahrscheinlich der Grund dafür, dass Frauen häufiger als Männer von Krampfadern betroffen sind“, erklärt DGG-Experte Jalaie. Hiervon – und von der Gewichtszunahme – werden auch die Gefäßwände in Mitleidenschaft gezogen; sie verlieren an Elastizität, leiern aus und bilden Aussackungen. „Bei vielen Frauen zeigen sich Krampfadern deshalb während der Schwangerschaft zum ersten Mal, bilden sich nach der Entbindung jedoch oft wieder zurück“, sagt Jalaie. Östrogenhaltige Kontrazeptiva oder eine Hormonersatztherapie in den Wechseljahren erhöhen ebenfalls das Varizenrisiko.
Behandlung von Krampfadern: Ambulante Eingriffe immer häufiger
Je nach Beschwerdebild und Ausprägung der
Krampfadern, dem Ausmaß, in dem der Blutfluss bereits gestört ist, sollten die veränderten Venenabschnitte in einer darauf spezialisierten Praxis oder Klinik behandelt werden. In Deutschland unterziehen sich jedes Jahr rund 320.000 Menschen einem solchen Eingriff, bei dem die Krampfadern entweder in einer offenen Operation entfernt oder minimal invasiv verödet werden. „Beide Vorgehensweisen erlauben in den allermeisten Fällen eine ambulante Behandlung“, erklärt DGG-Experte Jalaie. Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Patient:innen doch stationär aufgenommen werden müsse, sei jedoch bei einem offenen Eingriff etwas höher.
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Kriterien für stationäre Varizenbehandlung
Verbindliche, durch Studien untermauerte Kriterien dafür, wann die Varizenbehandlung im Rahmen eines stationären Aufenthalts erfolgen sollte, gibt es zwar bis heute nicht. „Die Gefäßchirurgie verfügt mittlerweile aber über einen großen Erfahrungsschatz, und es gibt allgemein akzeptierte Faktoren, die für eine stationäre Behandlung sprechen“, erläutert Jalaie. Relevant sind dabei hauptsächlich medizinische Kriterien. So sollten etwa Patient:innen mit besonders ausgedehntem Krampfaderbefund, mit einem offenen Bein oder mit starkem Übergewicht eher stationär behandelt werden. Auch wenn beide Beine gleichzeitig operiert werden, der oder die Betroffene bereits zuvor eine Krampfader-OP hatte, an den Beinen Vernarbungen bestehen oder bereits Thrombosen aufgetreten sind, sollte eine stationäre Aufnahme erfolgen. Darüber hinaus gibt es auch soziale Faktoren, die gegen eine Entlassung sofort nach dem Eingriff sprechen. „Das ist besonders bei Patient:innen mit eingeschränkter Mobilität und fehlender häuslicher Versorgung der Fall“, sagt Jalaie. Auch bei einem Alter von über 75 Jahren sei einem stationären Aufenthalt der Vorzug zu geben. Er dauert in der Regel nur eine Nacht. Die gesetzlichen Krankenkassen haben sich diesen Kriterienkatalog zu eigen gemacht. Sie übernehmen die Kosten für die stationäre Aufnahme, wenn mindestens einer der medizinischen oder sozialen Risikofaktoren gegeben ist. „Das gilt jedoch nur für Patient:innen nach offenem gefäßchirurgischem Eingriff“, betont Jalaie. Nur in sehr seltenen Ausnahmefällen – etwa bei extremer Adipositas oder bei erhöhter Nachblutungsgefahr wegen einer bestehenden Antikoagulation – werde die stationäre Nachbeobachtung auch dann bezahlt, wenn die Varizen minimal invasiv verödet wurden. In aller Regel, so der DGG-Experte, gelinge die Erholung jedoch auch zu Hause ohne jedes Problem.