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Medizin

S3-Leitlinie zu Tinnitus aktualisiert

S3-Leitlinie zu Tinnitus aktualisiert
© Axel Kock - stock.adobe.com
Bei Tinnitus rauscht, piepst, dröhnt oder klingelt es ständig im Ohr, ausgelöst beispielsweise durch einen Hörsturz, Knallgeräusche oder ein Ungleichgewicht der Flüssigkeit im Innenohr. Dies beeinträchtigt die Lebensqualität der Betroffenen erheblich, zumal dann, wenn die körpereigenen Ohrgeräusche chronisch werden. Rund 10 Millionen Menschen erkranken jährlich, bei rund 1,5 Millionen ist dieses Leiden chronisch. Diese Patientengruppe steht im Focus der überarbeiteten S3-Leitlinie, die unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e.V., Bonn (DGHNO-KHC) auf den neuesten Stand gebracht wurde.
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Unterscheidung nach neuer Leitlinie: akuter oder chronischer Tinnitus

In der aktuellen Leitlinie wird chronischer Tinnitus so definiert: Die Ohrgeräusche bestehen seit mindestens 3 Monaten und belasten die Betroffenen. Nach heutigem Wissenstand sollte besonders in Bezug auf die Wahl der Therapie nur zwischen akut oder chronisch unterschieden werden.

Standardisierter Tinnitus-Fragebogen erfasst Komorbiditäten

Mit einer umfangreichen Diagnostik können Ursache, Belastung und Schweregrad des Tinnitus genau definiert, der fast immer dem Tinnitus zugrundeliegende Hörverlust bzw. die Schwerhörigkeit erfasst und entsprechende Therapien eingeleitet werden. Da es bei chronischem Tinnitus auch zu weiteren physischen und psychischen Belastungsstörungen wie Angstzuständen, Schlaf- und Konzentrationsstörungen sowie Depressionen kommen kann, ist deren Erfassung im Gespräch und mittels eines standardisierten Tinnitus-Fragebogens durch die Betroffenen bedeutsam. Dabei werden der Belästigungsgrad der Ohrgeräusche und, weniger bedeutsam, die subjektiv empfundene Lautheit des Ohrgeräusches erfasst. Diese persönlichen Daten zu Empfindungen der Patientinnen und Patienten sind auch für die Verlaufskontrolle der Therapie wichtig.
 
 

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Akustikusneurinom: Frühe Operation rettet meist das Hörvermögen

Erschienen am 18.06.2021Das Akustikusneurinom (Vestibularisschwannom) ist ein seltener, gutartiger Tumor des Gleichgewichtsnervens, der durch Hörminderung, Schwindel und Tinnitus diagnostiziert wird. Kleinere dieser Tumoren werden grundsätzlich bestrahlt, größere Tumoren operativ entfernt. Eine klinische Studie unter Federführung der MedUni Wien konnte nun zeigen, dass eine frühe Operation des Akustikusneurinoms das Hörvermögen mit einer Erfolgsquote von bis zu 83% erhalten kann.

Erschienen am 18.06.2021undefined

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Langfristige Entlastung im Fokus der Tinnitus-Therapie

Die Therapieempfehlungen bei chronischem Tinnitus zielen darauf ab, die Belastungen langfristig zu reduzieren. Dabei stehen Techniken im Fokus, die die Betroffenen in die Lage versetzen, mit dem Ohrgeräusch umzugehen, um so eine langfristige Desensibilisierung oder gar Reduktion der Belastung dauerhaft zu erreichen. „Der wichtigste Ausgangspunkt und Basis jeder Therapie sollte dabei die Diagnostik-gestützte Beratung und Aufklärung, das sogenannte Tinnitus-Counselling, sein“, erklärt Professor Dr. med. habil. Gerhard Hesse, Klinikleiter der Tinnitus Klinik, Bad Arolsen und einer der federführenden Autoren der neuen Leitlinie. Ziel ist es, die Betroffenen mittels Counselling zu einem informierten Umgang mit dem Ohrgeräusch zu ermuntern, um damit besser leben zu können. Zusätzlich werden in der Leitlinie weitere evidenzbasierte Empfehlungen genannt. Dazu zählen Hörgeräte und/oder eine Hörtherapie sowie operative Maßnahmen, beispielsweise mit einem Cochlea-Implantat (CI). Zur Unterstützung dienen maßgeblich kognitiv-verhaltenstherapeutische Behandlungen. Ob diese auch per App wirksam sind, ist jedoch noch nicht wissenschaftlich belegt. Eine klare Empfehlung gibt es außerdem für die Teilnahme an den Tinnitus-Selbsthilfegruppen.

Neue Tinnitus-Leitlinie listet auch nicht geeignete Empfehlungen auf

Erstmals wurden in der Leitlinie auch nicht geeignete Empfehlungen aufgelistet, denen es an Evidenz mangelt. „Dies ist eine wichtige Hilfestellung für die Patientinnen und Patienten, die im Internet mit einer Vielzahl von Maßnahmen konfrontiert werden, die nicht zielführend sind“, so Professor Dr. med. Birgit Mazurek, Direktorin des Tinnituszentrums an der Charité, Berlin und ebenfalls federführende Autorin der Leitlinie. In den Leitlinien sind unter anderem diese Verfahren gelistet: die unterbrochene Notch-Musik, die als Smartphone-App oder in Verbindung mit Hörgeräten angeboten wird, sowie weitere App-gestützte Soundtherapien und andere akustische Neuromodulations-Verfahren, die sich als wenig evident erwiesen haben. Dazu zählen weiterhin die transkranielle Elektro- und Magnetstimulation sowie die invasive Vagusnervstimulation.

Keine Wirksamkeitsnachweise für Nahrungsergänzungsmitttel und andere Medikamente gegen Tinnitus im chronischen Stadium 

Da es auch keine Wirksamkeitsnachweise für Nahrungsergänzungsmitttel und andere Medikamente gegen Tinnitus im chronischen Stadium gibt, werden auch diese nicht empfohlen, zumal erhebliche Nebenwirkungen auftreten können. Darunter fallen folgende Präparate: Betahistin gegen Schwindel, Stärkungsmittel wie Ginkgo, Zink, Melatonin, Cannabis und Hormone wie Oxytocin und Langzeit-Corticosteroide, Antidepressiva, Benzodiazepine zur Beruhigung, Muskelrelaxantien und Gabapentin gegen Nervenschmerzen. Allerdings trifft dies nicht auf ärztlich verordnete Medikamente gegen Schlaf- und Angststörungen oder Depressionen zu, die bei Tinnitus häufig auftreten können, und die einer fachgerechten Behandlung einschließlich einer medikamentösen Therapie bedürfen.

Quelle: DGHNO-KHC


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