Das Jahr 2021 war – wie sein Vorgänger – vornehmlich von der
COVID-Pandemie geprägt: Wirksamkeit und Nebenwirkung von Impfstoffen, neue Medikamente, endlose politische Diskussionen und ein steter Wechsel an immer neuen Schutzmaßnahmen. Unterdessen hat sich in der Welt der Inneren Medizin aber auch in anderen Bereichen viel Neues getan.
Die wichtigsten Zulassungen von Medikamenten 2021
COPD: Triple-Kombination Formoterol/Glycopyrronium/Budesonid
Noch kurz vor Beginn des Jahres 2021 wurde die Triple-Kombination
Formoterol/Glycopyrronium/Budesonid zur Behandlung der
chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) zugelassen. Die Fixkombination kann Patient:innen gegeben werden, die an einer moderaten bis mittelschweren
COPD leiden und mit Kombinationen aus ICS +LABA oder LABA + LAMA nicht ausreichend eingestellt sind. Wie in der zulassungsrelevanten Studie ETHOS gezeigt, liegt der Hauptvorteil der Fixkombination in der Vermeidung von Exazerbationen, die unter Formoterol/Glycopyrronium/Budesonid signifikant seltener auftreten als unter der Zweifachkombination Formoterol/Glycopyrronium. Da jede einzelne Exazerbation bei
COPD bereits eine weitere Verschlechterung der Lungenfunktion bedeuten kann und oft mit einer Hospitalisierung verbunden ist, wird die Triple-Kombination bald einen bedeutenden Platz in der
COPD-Therapie einnehmen.
Asthma: Extrafeine Dreifach-Fixkombination Beclometason/Formoterol/Glycopyrronium
Die extrafeine Dreifach-Fixkombination Beclometason/Formoterol/Glycopyrronium (Trimbow
®) erhielt im Januar eine Zulassungerweiterung und steht seither auch für Patient:innen mit
Asthma bronchiale zur Verfügung. Die Zulassungserweiterung der Dreifach-Fixkombination stellt Patient:innen, die alle 3 Wirkstoffe benötigen, diese in einem Inhalator zur Verfügung. Die Dreifach-Kombination ist bei erwachsenen Patient:innen angezeigt, die mit einer Kombination aus einem LABA und einem mitteldosierten ICS (87/5/9 μg) oder hochdosierten ICS (172/5/9 μg) nicht ausreichend eingestellt sind und bei denen in den letzten 12 Monaten mindestens 1 Exazerbation aufgetreten ist. Es stehen 2 verschiedene Wirkstoffmengen zur Verfügung: 87/5/9 μg und 172/5/9 μg.
Plaque-Psoriasis: Secukinumab als 300 mg und Risankizumab als 150 mg Fertigpen
Im Februar erhielt
Secukinumab (Cosentyx®) als 300 mg Fertigpen und 300 mg Fertigspritze die Zulassung in der Europäischen Union. Damit steht für Patient:innen mit
Plaque-Psoriasis, Psoriasis-Arthritis und axialer Spondyloarthritis eine Medikation mit einfacher Handhabung zur Verfügung. Die Vereinfachung trägt bei den betroffenen Patient:innen zu einer höheren Therapietreue bei. Außerdem ist der IL-17-Inhibitor auch als 150 mg Fertipen und 150 mg Fertigspritze verfügbar, sodass eine Dosisanpassung in der Erhaltungstherapie möglich ist. Die beiden Phase-IIIb-Studien ALLURE und MATURE konnten ein gutes Sicherheits- und Wirksamkeitsprofil nachweisen.
Im Mai erhielt dann auch
Risankizumab (Skyrizi®) als 150 mg Fertigpen die Zulassung. In der Erhaltungsphase sind nur 4 Injektionen pro Jahr nötig. Erwachsene Patient:innen mit mittelschwerer oder schwerer
Plaque-Psoriasis haben die Wahl zwischen der Fertigspritze oder dem Fertigpen.
Nasenspray bei Depressionen
Der Wirkstoff Esketamin wurde im März in Form eines Nasensprays (Spravato
®) zur Behandlung akuter Depressionen zugelassen. Der enorme Vorteil des Sprays gegenüber herkömmlichen Antidepressiva: Die Wirkung tritt bereits binnen 24 Stunden ein. Zudem zeigen sich die Patient:innen unter der Nasenspray-Therapie deutlich länger stabil als unter anderen antidepressiven Medikamenten. Zum Einsatz kommt das Nasenspray bei akuten schweren Depressionen für 4 Wochen (Gabe 2 Mal wöchentlich) und wird danach von einer „traditionellen“ Behandlung abgelöst.
Biologika bei CRS/CRSwNP
Biologika sind ein wichtiger Baustein der personlisierten Medizin. Um so bedeutender ist es, dass seit Mai 2021 zur Behandlung der
chronischen Nasennebenhöhlenentzündung mit nasalen Polypen (CRS/CRSwNP) Dupilumab (Antikörper gegen IL4/13) und Omalizumab (Antikörper gegen IgE) zur Verfügung stehen. Weisen die Patient:innen eine Typ-2-Inflammation auf, verbessert sich ihre Lebensqualität unter den beiden Antikörpern deutlich.
Teriflunomid bei Kindern und Jugendlichen mit schubförmig-remittierender Multipler Sklerose (RRMS)
Im Juli wurde
Teriflunomid für Kinder und Jugendliche mit RRMS im Alter zwischen 10 und 17 Jahren zugelassen. Aufgrund des früheren Krankheitsbeginns ist die MS im Kindes- und Jugendalter oft mit irreversiblen Behinderungen verbunden. Daher wurde mit der Zulassung eine wichtige Versorgungslücke geschlossen – zumal die Zeit bis zum klinischen Schub mit Teriflunomid im Vergleich zu Placebo signifikant um 43% reduziert wird.
Vericiguatin bei chronischer Herzinsuffizienz
Ebenfalls im Juli wurde
Vericiguatin (2,5 mg, 5 mg und 10 mg) zur Behandlung der symptomatischen, chronischen Herzinsuffizienz bei Erwachsenen mit reduzierter Ejektionsfraktion, die nach einem kürzlich aufgetretenen Dekompensationsereignis, das eine i.v.-Therapie erforderte, stabilisiert wurden, zugelassen. Der Wirkstoff senkt das Risiko für Krankenhauseinweisungen. Zudem verbessert er die Funktion des defizitären NO-sGC-cGMP-Signalweges – herkömmliche Therapien zielen in erster Linie auf eine Blockade der körpereigenen überaktivierten neurohormonalen Systeme – und verhindert so eine klinische Verschlechterung.
Neue oder angepasste Leitlinien 2021
2021 wurden auch einige neue Leitlinien veröffentlicht, andere wurden ergänzt oder abgeändert. Die wichtigsten neuen Leitlinien und Änderungen von Leitlinien 2021 sind:
Patientenleitlinie Long- und Post-COVID
Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Erschöpfung und bis zu 200 andere Symptome mehr sind kennzeichnend für Long- und Post-COVID-Syndrom. Lange wussten die Betroffenen nicht, wohin sie sich wenden sollten. Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) hat eine Leitlinie speziell für Betroffene veröffentlicht: Sie finden dort eine Liste der Symptome und erfahren, was sie tun können, um mit ihrer Erkrankung zurechtzukommen.
Die Leitlinie steht auf der Website der AWMF zur Verfügung.
S3-Leitlinie zu Morbus Crohn
Die 162 Empfehlungen der
S3-Leitlinie zu Morbus Crohn wurden im vergangenen Jahr auf den Prüfstand gestellt. Die wichtigsten Änderungen sind:
- neue Empfehlungen zur Sonografie bei Morbus Crohn
- interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Innerer Medizin und Chirurgie
- Verringerung der Kontrollendoskopien
S3-Leitlinie Reizdarm
Auch die
S3-Leitlinie zum Reizdarm wurde aktualisiert. Vor allem die Kapitel zu
- Ernährung,
- psychotherapeutischer Behandlung und
- komplementärer Therapie
wurden deutlich erweitert. Neu ist außerdem, dass dem Reizdarm bei Kindern nun erstmals ein eigenständiges Kapitel gewidmet wird.
S3-Leitlinie Komplementärmedizin Onkologie
Wie kann ich als Hausärztin, als Hausarzt, meinen Patient:innen mit Krebs helfen? Die vollständig überarbeitete
S3-Leitlinie „Komplementärmedizin in der Behandlung von onkologischen Patienten“ enthält übersichtlich strukturiert sämtliche anerkannte Methoden, Verfahren und Substanzen, die im onkologischen Bereich eingesetzt werden können. Ein Schwerpunkt liegt auf dem Thema Arzneimittelinteraktionen.
Typ-2-Diabetes: Neue Nationale Versorgungsleitlinie
SGLT-2-Inhibitoren haben sich bei
Typ-2-Diabetes-Patient:innen bewährt – vor allem bei der renalen und kardiovaskulären Prävention. Entsprechend wurde die
Nationale Versorgungsleitlinie aktualisiert: Die medikamentöse Behandlung des
Typ-2-Diabetes orientiert sich nicht mehr nur an der glykämischen Kontrolle. Das individuelle Risiko für kardiovaskuläre und renale Ereignisse steht nun im Vordergrund.
Rauchen und Tabakabhängigkeit
Wenn Nikotinpflaster oder -kaugummis keine ausreichende Wirkung zeigen, sieht die aktualisierte S3-Leitlinie vor, entwöhnungswilligen Raucher:innen den
Nikotinrezeptorblocker Vereniclin vor. Außerdem wurden auch Smartphone-gestützte Entwöhnungsmethoden in die Leitlinie aufgenommen.
S3-Leitlinie Tinnitus
Rauschen, Piepsen, Dröhnen, Klingeln im Ohr – die Lebensqualität von durch Tinnitus Betroffenen leidet enorm. Die neue
Leitlinie unterscheidet zwischen akutem und chronischem Tinnitus und rückt Komorbiditäten in den Vordergrund.
COVID
Impfstoffe
Aktuell stehen zur Prävention von
COVID in Deutschland von 4 Herstellern Impfstoffe zur Verfügung:
Ende des Jahres 2021 erhielt auch der Impfstoff von Novavax eine (bedingte) Zulassung. Während die anderen 4 auf mRNA- und Vektor-Technologie setzen, ist das Präparat von Novavax ein Proteinimpfstoff. Es wird erwartet, dass die ersten Dosen noch Ende Februar 2022 gegeben werden können.
Medikamente
Neben den Impfstoffen stehen zur Behandlung von
COVID mittlerweile auch einige Medikamente zur Verfügung:
1. antivirale Antikörper
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Erschienen am 07.12.2021 • Was hilft gegen die neue SARS-CoV-2-Variante Omikron? Lesen Sie bei uns mehr über den monoklonalen Antikörper Sotrovimab!
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2. intrazellulär wirksames antivirales Medikament / RNA-Polymerase-Hemmer
- Remdesivir (als Infusionslösung)
3. Immundämpfendes Medikament / IL-6-Antagonist / Interleukin-Rezeptor-Antagonist
Dies ist der Stand von Januar 2021. Zum aktuellen Stand besuchen Sie unsere Überblicksseite zu
COVID.